Scheurebe: Historie
100 Jahre Scheurebe! Happy Birthday liebe “Scheu”!
Im Jahr 1916 war es, mitten im 1. Weltkrieg also, als Georg Scheu die wohl bedeutendste Züchtung seiner Laufbahn gelang: die Scheurebe, die allerdings erst ein Jahr nach seinem Tod den Namen ihres Züchters erhielt, denn der hatte sich zeit seines Lebens geweigert, dass eine Rebsorte (in diesem Fall der Sämling 88, wie er ihn nannte) nach ihm benannt wurde.
Gekreuzt wurde die Scheurebe übrigens aus Riesling und der Bukettrebe und nicht, wie Georg Scheu irrtümlich annahm aus Riesling und Silvaner, aber dieser kleine Irrtum mag diesem so bedeutenden Rebenzüchter durchaus verziehen sein, denn noch heute braucht es oftmals Genanalysen, um bei neuen Kreuzungen die wahren Eltern zu enttarnen.
Damit aber nun genug von der Geschichte der Scheurebe. Wenden wir uns anässlich 100 Jahre Scheurebe dem eigentlichen Trinkerlebnis zu.
Scheurebe: Gaumenspiel
Noch vor wenigen Jahren wurde ich regelmäßig irritiert und verwundert angeschaut, wenn ich nach einer trockenen Scheurebe fragte, denn, so waren sich die meisten Winzer und Weintrinker einig: eine Scheu muss „süß“ sein, sie braucht Restzucker, sonst schmeckt sie nicht!
Zu meinem Glück und auch zum Glück vieler anderer hat sich diese Meinung inzwischen gewandelt, wenn es auch gebraucht hat und mit heute doch noch manch einer erzählen will, dass eine Scheurebe mit nur 6 Gramm Restzucker nun partout nicht geht (doch geht sie, sie geht sogar mit noch weniger Restzucker).
Das sollte aber eigentlich auch jedem einleuchten, denn allzu oft wird die Scheurebe auch als „deutscher Sauvignon Blanc“ bezeichnet und der pflegt ja nun auch meist trocken getrunken zu werden. Zu diesem Vergleich sei übrigens erwähnt, dass es eigentlich schon einen ziemlich deutlichen Geschmacksunterschied zwischen einer Scheurebe und einem Sauvignon Blanc gibt, obwohl mir doch manchmal tatsächlich Weine begegnen, die ich für den jeweils anderen halte … aber: Nobody is perfect.
Spaßigerweise sind es allerdings zumeist Sauvignons, die wie Scheureben schmecken und nur sehr selten ist es umgekehrt.
Die Scheurebe ist definitiv eine Rebsorte für Menschen, die es bunt mögen am Gaumen und auf der Zunge, Menschen, die Aromen mögen und einen Wein auch gerne mal als Duftwässerchen benutzen bevor sie ihn trinken.
Die hauptsächlichen Aromen sind schwarze Johannisbeere, Grapefruit und weitere Zitrusfrüchte wie Mandarinen und Limonen. Richtig saftige und eher „grüne“ Scheureben glänzen mit Aromen von Stachelbeere, Holunderblüte und Ananas.
In Scheureben mit relativ viel bis sehr viel Restzucker (also die Bereiche von Ende halbtrocken bis hin zu edelsüß) finden sich auch Aromen von Pfirsich, reifen Birnen und sogar Rosenblüten. Mir persönlich stieg sogar schon einmal eine leichte Muskatnote in die Nase.
Der bekannte Weinjournalist Stuart Pigott beschreibt die Scheurebe so: „Eine gelungene Scheu ist eine Melange von Fruchtaromen, die von schwarzen Johannisbeeren bis zu gelber Grapefruit und exotischem Obst reichen. Körperreich, sehr saftig und mit lebhafter, aber nicht pointierter Säure wirkt dieser Wein wie eine Art beschleunigter Riesling.“
100 Jahre Scheurebe: Tipps
Wie bereits gesagt, bin ich ja eher der Fan von trockenen Scheureben, aber hin und wieder probiere ich auch durchaus mal eine etwas lieblichere und deswegen gibt’s hier auch Tipps für beide Geschmäcker:
Scheurebe trocken Weingut Geiger und Sohn:
Da haben wir sie, eine von diesen typischen Scheureben, jenen die eine schon fast aufdringliche Aromatik aufweisen. Ich persönlich mag diesen Stil der Scheurebe; massenkompatibel allerdings ist sie wohl nicht.
Independent, Scheurebe trocken Weingut Huff-Doll:
Straight ist sie, diese Scheurebe, die ganz bewusst nicht Scheurebe heißt, sondern eben „Independent“, denn Bettina und Ulrich Doll wissen durchaus um den oftmals schlechten Ruf der Scheurebe und um die Vorurteile, die viele dieser Rebsorte gegenüber haben. So nennen sie ihre Scheurebe schon seit Jahren „Independent“ und achten beim Ausbau auf einen jugendlichen und frischen Stil. Trotzdem ist diese Scheurebe „Obstsalat im Glas“ und „in Maul voll Wein“, das an „an grüne Stachelbeere, Holunderblüte und Ananas“ erinnert, wie sie selber schreiben und was ich nur bestätigen kann.
Scheurebe Kabinett lieblich Weingut Huff-Doll:
Yes, da haben wir sie, die klassische Form der Scheurebe: schöne Süße, Ananas, Cassis und einfach Spaß im Glas. Schlichtweg perfekt passt diese Scheurebe, wenn man sie nicht solitär genießt, zu einer Käseplatte mit leichtem Ziegenkäse oder auch milderen Schimmelkäsen. Einfach ein Gedicht!