1902 war es, genauer gesagt am 7. August, als der Landwirt und Weingärtner Josef Herold und seine Ehefrau Josefine, geb. Benz Eltern eines Sohnes wurden. Sie nannten ihn August. August war klug und erhielt die Möglichkeit eine höhere Schule in Ehingen an der Donau zu besuchen, wo er im Jahr 1921 sein Abitur machte. Zum Wintersemester des Jahres 1922 begann August Herold an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Stuttgart-Hohenheim sein Studium. Im Sommer 1925 verließ er die Hochschule als Diplom-Landwirt und ging zunächst in die Pfalz und von dort aus nach Naumburg an der Saale. Hier arbeitete er in der staatlichen Weinbauverwaltung, genauer gesagt in der Biologischen Reichsanstalt für Land- und Forstwirtschaft, Abteilung Rebenzüchtung. Am 1. August des Jahres 1928 übernahm er die Leitung der Württembergischen Anstalt für Rebenzüchtung und Rebenpropfung in Weinsberg. Gleichzeitig leitete er auch die Versuchs- und Wirtschaftsbetriebe in Offenau, Gundelsheim und Lauffen am Neckar.
August Herold in Weinsberg
In jenen Jahren, die er in Weinsberg verbrachte, widmete er sich vor allem der Erhaltungszüchtung traditioneller württembergischer Rebsorten und Kreuzungszüchtungen neuer Rebsorten. Bernd H. E. Hill und Gerhard Götz schrieben anlässlich des hundertsten Geburtstags von August Herold über sein Wirken in Weinsberg: „Herold suchte und fand von Anfang an die Zusammenarbeit mit den Praktikern im Land. Segensreich wirkte sich insbesondere die Freundschaft mit dem bekannten Heilbronner Klonenzüchter H. Schneider aus. Dieser hat sich durch die züchterische Bearbeitung der Rotweinsorten Clevner, Schwarzriesling und Trollinger hohes Ansehen und bleibende Verdienste erworben und so manche Anregung zur Erhaltungs- und Kreuzungszüchtung an den staatlichen Fachmann weitergegeben. In den Zeiten des Reichsnährstandes war in den letzten Vorkriegsjahren eine enge Kooperation in der Kreuzungszüchtung mit der Reichsrebenzüchtung – zentralistische Steuerung! – zu erfüllen. Dies war ganz und gar nicht nach dem Geschmack des württembergischen Bediensteten. […] Die durch die Reblausverseuchung erforderlich gewordene Umstellung der Weinberge auf reblauswiderstandsfähige Pfropfreben wäre ohne seine Versuchsarbeit im Rebschulbereich und die Bereitstellung leistungsfähigen Pflanzmaterials durch die staatliche Rebenveredlung schon ab den 30er Jahren nicht möglich gewesen. Heute kann kaum jemand ermessen, wie problembeladen auch dieser Bereich einmal gewesen ist. Herold hat die Umstellung auf Pfropfreben maßgebend durch seine Adaptationsversuche im Land mit Unterlagsreben beeinflusst und ganz gewiss auch viel zur Ertragssicherheit durch die Klonenauslese bei den wirtschaftlich bedeutenden Rebsorten des Gebiets beigetragen. Die Gründung vieler genossenschaftlicher und privater Rebveredlungsbetriebe geht auf seine Initiative zurück. Unermüdlich tätig, war er den Rebenveredlern ein freundschaftlich verbundener Berater.“ Die wichtigsten und bekanntesten Rebsorten, die auf August Herold zurückgehen sind Kerner (benannt nach dem Dichter Justinus Kerner), Dornfelder (benannt nach dem geistigen Vater der Weinbauschule Weinsberg: Immanuel Dornfeld), Helfensteiner, Juwel und die nach ihm benannte Heroldrebe.
Zwei Jahre nachdem er sein Amt in Weinsberg angetreten hatte, heiratete er die drei Jahre jüngere Gertrud Keim mit der er zwei Kinder bekam. Es hätte alles perfekt sein können, doch am 10. Januar 1941 wurde August Herold im Alter von beinahe 39 Jahren noch zum Kriegsdienst berufen, er kam an die Ostfront und geriet in russische Kriegsgefangenschaft. Erst 1948 kehrte er nach Weinsberg zurück. Und wieder hatte er Glück, denn die Rebenzüchtungsanstalt war 1947 in die Landesversuchsanstalt für Wein- und Obstbau (LVWO) Weinsberg eingegliedert worden, somit wäre Herold eigentlich arbeitslos gewesen, aber es ergab sich die Möglichkeit für ihn den neuen Geschäftsbereich erneut zu leiten.
August Herold im Unruhestand
Damit war für August Herold aber keineswegs das Ende der Karriereleiter erreicht: Im Juni 1964 wurde er zum stellvertretenden Direktor der LVWO berufen. Da seine Gesundheit allerdings sehr angegriffen war, trat er von diesem Posten am 31. Dezember 1964 bereits wieder zurück und in den Ruhestand. Aber August Herold war kein Mann für den Ruhestand, eher für den Unruhestand. Er blieb weiterhin in Sachen Weinbau unermüdlich tätig. In seiner Heimat Neckarsulm, in die er nach seiner Weinsberger Zeit zurückgekehrt war, besaß er eigene Weinberge, die er weiterhin bearbeitete. Außerdem wurde er Vorsitzender des 1934 gegründeten Neckarsulmer Weinbauvereins.
Seine Verdienste um den Weinbau aber wurden weiterhin geschätzt und so erhielt er im Frühjahr 1965 das Bundesverdienstkreuz am Bande.
Gestorben ist August Herold am 8. Januar 1973. Begraben wurde er in Neckarsulm.
Gedenken an August Herold
Bis heute ist er vor allem in Weinsberg unvergessen. Bernd H. E. Hill und Gerhard Götz schrieben hierzu: „Auf seinem letzten Gang gab ihm die große Schar seiner Freunde und Berufskollegen das letzte Geleit. Er fand seine Ruhe im Familiengrab der Herolds auf dem heimatlichen Friedhof. Seine Berufskollegen in Neckarsulm haben ihm in Dankbarkeit für sein ehrenamtliches Wirken ein bleibendes Denkmal gesetzt: Der im Rahmen des Wiederaufbaus der Weinberge am Scheuerberg geschaffene Weinlehrpfad auf der Südseite dieser Spitzenlage trägt den Namen August-Herold-Weg. Mitten auf der 2,5 km langen, vielbegangenen Wegstrecke ist in einen bei der Planie des Geländes gefundenen riesigen Sandsteinblock eine bronzene Gedenktafel für den Züchterpionier eingelassen.“
August Herold und die Heroldrebe
Vor allem als Rebenzüchter tat August Herold sich hervor und war ungeheuer erfolgreich. Hill und Götz schrieben hierüber: „Im Bereich der Klonenzüchtung kann mit Fug und Recht behauptet werden, dass alle heutigen LVWO-Klone der traditionellen württembergischen Rebsorten auf den züchterischen Vorleistungen vergangener Jahrzehnte basieren und lediglich in Kontinuität der anfänglichen Auslesekriterien weiterentwickelt wurden. Die systematische Erhaltungszüchtung startete i.a. in den 20er/30er Jahren und resultierte in der Eintragung von 24 Klonen durch das Bundessortenamt um die Mitte der 50er Jahre.
Unter Herold’s Leitung wurden von 1929-1964 insgesamt 1.245 Kreuzungskombinationen durchgeführt. Daraus erwuchsen ca. 68.000 Sämlinge, die in der Feldprüfung – Quartiere in Weinsberg (bis 1960) und Lauffen/N – standen. Ermittelt man den relativen Züchtungserfolg, so erhielten je 5 Rot- und Weißweinsorten, deren „Geburtsstunden“ in den Zeitraum seiner verantwortlichen Tätigkeit fielen, vom nationalen Bundessortenamt den Sortenschutz. Als herausragend sind Kerner und Dornfelder zu nennen, die erstens in allen deutschen Anbaugebieten klassifiziert sind und zweitens beide zusammen im Jahr 1999 einen Rebflächenanteil von 10,2 % (!) bzw. 8,0 % im bestimmten Anbaugebiet Württemberg umfassten.
Eine besondere Auszeichnung wurde August Herold zuteil, indem man noch während seiner Dienstzeit den früheren Zuchtstamm „We S 130“ mit Erteilung des Sortenschutzes 1960 nach ihm benannte: Heroldrebe. Damit wurde eine Persönlichkeit geehrt, die mit enormer züchterischer Erfahrung, dem steten Blick auf die Belange der Weingärtnerschaft sowie nicht zuletzt einer Portion „Züchterglück“ Außerordentliches für den württembergischen und den deutschen Weinbau geleistet hat.“
Heute ist die Heroldrebe vielfach vergessen, nur mehr etwa 160 Hektar Rebfläche (etwa 0,2 % der Gesamtrebfläche) sind in Deutschland mit diesem einzigartigen Rotwein bestockt. Der größte Teil findet sich in der Pfalz, kleinere Anbauflächen gibt es noch in Rheinhessen und Württemberg, der eigentlichen Heimat der Rebsorte. Seit Jahren ist die Anbaufläche dieses herrlichen leichten Rotweins rückläufig und es steht zu befürchten, dass sie leider bald ganz vergessen sein wird, wenn nicht einige wenige Enthusiasten wie etwa das Weingut Golter sie weiter pflegen.
Gekreuzt wurde die Heroldrebe im Jahr 1929 aus Blauem Portugieser und Lemberger, einer der Urrebsorten Württembergs. Die von August Herold angegebenen Kreuzungseltern konnten durch eine Genanalyse im Übrigen bestätigt werden. Eingang in die Bundessortenliste erhielt die Heroldrebe 1960. Es ist, ähnlich wie der Spätburgunder, eine spätreifende Rotweinsorte, die empfindlich gegen Rohfäule ist.
Zwar ist die Heroldrebe beinahe vergessen, aber eines ihrer Kinder lebt und erfreut sich größter Beliebtheit unter den Rotweintrinkern: Es ist dies der Dornfelder, der einer Kreuzung der Heroldrebe mit Helfensteiner entstammt.
So wird die Heroldrebe also wohl noch lange weiterleben, wenn auch nur indirekt.