Weinflaschen – Bocksbeutel

Der Bocksbeutel – eine besondere Flasche und Flaschen, genauer gesagt Weinflaschen sind ein ganz wichtiger Bestandteil der Weinkultur. Viele Regionen haben eigene Flaschenformen entwickelt, die auch nur hier genutzt werden (dürfen) und wer vor einiger Zeit die zum Teil erbitterte Diskussion über die Einführung eines neuen Bocksbeutels in Franken mitverfolgt hat, dem wird endgültig klar geworden sein, wie wichtig Flaschen und ihre Formen im Rahmen der Weinkultur tatsächlich sind.

Von Bocksbeuteln und anderen Flaschen

Deshalb gibt es hier nun im Wein-Wiki auf diesem Blog einen Artikel über eine spezielle Flaschenform und zwar den bereits angesprochenen Bocksbeutel, des Franken liebstes Kind (sozusagen).

Wikipedia beschreibt den Bocksbeutel wie folgt: „Ein Bocksbeutel ist eine Flasche in angenäherter Form eines flach gedrückten Ellipsoids für Weine aus dem Anbaugebiet Franken. Der Inhalt beträgt normalerweise 0,75 l (drei fränkische Schoppen à 0,25 l).“

Ah, ja. Ein „flach gedrücktes Ellipsoid“ also. Wenn ich ehrlich bin, dann kann ich mir darunter nur deswegen etwas vorstellen, weil sich in meinem Keller ausreichend Bocksbeutel befinden und ich also weiß, wie sie aussehen (sowohl die alten, als auch die neuen und auch die Besonderheit des Bocksbeutels für Sekt, denn auch den gibt es!). Falls es Ihnen ähnlich geht und Sie nicht gerade einen Bocksbeutel zur Hand haben, um sich die Form einmal genauer anzuschauen: Hier erst einmal ein Bild:

Gut, damit hätten wir die Form schon einmal geklärt. Die Menge, die in einen solchen Bockbeutel passt entspricht nicht nur drei fränkischen Schoppen, sondern ist auch identisch mit der Menge, die in nahezu jede handelsübliche deutsche Weinflasche hineinpasst (Ich schreibe deswegen „nahezu jede“, da es ja auch die Literflaschen gibt und die 0,375-Fläschchen für die ganz besonderen Tropfen und ja, es gibt noch andere Füllmengen, aber wir wollen hier mal nicht zu weit gehen, denn es geht ja um den Bocksbeutel!).

Aber wie kam es überhaupt zu dieser eigentümlich anmutenden Flaschenform, wie ist sie entstanden und gibt es sie tatsächlich nur in Franken oder auch noch irgendwo anders auf der Welt? Diesen Fragen wollen wir nun mal auf den Grund gehen:

besondere Weinetiketten - Bocksbeutel
Bocksbeutel zum 700-jährigen Bestehen des Bürgersüitals in Würzburg Foto: A. Kircher-Kannemann

Die Geschichte des Bocksbeutels

Geben tut es den Bocksbeutel wohl schon mehr als 250 Jahre. In Franken war der „Würzburger Stein“ – der Paradewein Frankens und quasi ein Mythos – wohl der erste Wein, der in Bocksbeuteln abgefüllt wurde. Die Geschichte kennt einen Beschluss des Würzburger Stadtrates aus dem Jahr 1728, der besagt, dass von nun an die besten Weine des „Bürgerspitals“ in Bocksbeuteln abgefüllt werden sollen. Der Grund für diesen Beschluss liegt, wie so oft, in der nicht immer netten und ehrlichen Natur des Menschen begründet, denn einige betrügerische Wirte hatten billigen und schlechten Wein als „Frankenwein“ ausgegeben und damit den Ruf des edlen Getränks geschädigt. Mit der Einführung der „neuen“ Flaschenform, versehen mit einem Schultersiegel sollte solchen Machenschaften vorgebeugt werden und man mag es glauben oder nicht: Es gelang! Der Bocksbeutel wurde zum Markenzeichen für fränkische Spitzenweine.

Wahrscheinlich aber ist der Bocksbeutel in Franken schon deutlich älter, denn im Mainfränkischen Museum in Würzburg findet sich eine um 1400 v. Chr. entstandene Darstellung eines keltischen Tongefäßes, dass der Form des Bocksbeutels schon sehr nahekommt. Und wenn wir uns die transportablen Trinkflaschen des Mittelalters anschauen, so sind auch sie allesamt flachbauchige Flaschen und solche Flaschen und Darstellungen gibt es auch längst nicht nur in Franken, sondern nahezu überall auf der Welt, vor allem in Europa und dem Orient.

 

Der Name „Bocksbeutel“

Doch woher nur kommt dieser eigenwillige Name „Bocksbeutel“? Wieso „Beutel“, es ist doch eine Flasche.

Grundsätzlich gibt es zwei Deutungsvarianten, woher der Name „Bocksbeutel“ stammt, wobei die eine wahrscheinlicher als die andere erscheint, aber von Wahrscheinlichkeiten kann man sich ja bekanntlich nichts kaufen, daher erzähle ich Ihnen mal beide Geschichten:

Die erste (und wahrscheinlichere) Wortherkunft stammt vom Hodensack des Ziegenbocks, leitet sich also entsprechend ab von „Bokesbudel“, des Bockes Beutel.

Eine zweite Deutung sieht die Wortherkunft vom niederdeutschen „Booksbüdel“ für Bücherbeutel, ein beutelartiger Überzug, der vor allem für Gebet- und Gesangbücher genutzt wurde.

Wirklich klären lassen wird sich dies wohl nie, aber Sie dürfen sich gerne beides einmal bildlich vorstellen und sich dann Ihre eigene Meinung bilden …

Das Grimm’sche Wörterbuch schreibt übrigens Folgendes über den Bocksbeutel:

„Bocksbeutelchen, n. ein rundes, aber nicht glattes, sondern rauhes trinkfläschchen, das man in die tasche steckt. deutlich nach scrotum capri [was nichts anderes ist als die lateinische Bezeichnung für den Hodensack des Ziegenbocks, nur für alle Nicht-Lateiner].

auch der beste steinwein wird in bocksbeuteln versandt.“

 

Bocksbeutel mit speziellem Etikett zur 700-Jahrfeier des Bürgerspitals in Würzburg
Bocksbeutel mit speziellem Etikett zur 700-Jahrfeier des Bürgerspitals in Würzburg
Foto: A. Kircher-Kannemann

Eine fränkische Liebeserklärung an den Bocksbeutel

Und zum Abschluss noch eine kleine fränkisch-patriotische Liebeserklärung an den Bocksbeutel: Sie stammt von Josef Balduin Kittel, genauer gesagt aus seinem 1905 erschienenen „Buch vom Frankenwein“. Eben jener Herr Kittel (1869-1929) war Jurist und Autor, Schriftführer des Verschönerungsvereins Würzburg und Geschäftsführer des Weinhändlerverbandes in Würzburg und offenbar liebte er Land, Leute und vor allem den Wein. Über den Bocksbeutel schrieb er:

„Und es ist auch wirklich etwas Originelle, soclh ein Bocksbeutel. Er ist nicht schmächtig wie eine rheinische Schlegelflasche, er ist auch nicht grün wie die Flasche des Moselweins und sieht auch nicht so langweilige aus, wie die Bouteille des Franzosen – nein, der Bocksbeutel ist ein gedrungener, fester Geselle, goldbraun ist seine Farbe, und gar drollig behauptet er seinen Platz auf dem er sich ordentlich festsetzt.“

 

In diesem Sinne: erlauben wir einfach am heutigen Abend einem Bocksbeutel sich „ordentlich festzusetzen“!

 

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