Perkeo und das große Fass

Darf ich vorstellen: Perkeo, Hofzwerg.

Naja, eigentlich hieß er Clemens Pankert oder vielleicht auch Giovanni Clementi, das weiß niemand mehr so genau, geboren wurde er im Jahre 1702 in Südtirol und er war so ziemlich die liebste Gesellschaft des Kurfürsten Karl III. Philipp von der Pfalz und er war vor allem der Hüter des „Großen Fasses”, des so berühmten, das dort im Heidelberger Schloss heute immer noch zu sehen ist.

Eigentlich hatte der spätere Perkeo den Beruf des Knopfmachers gelernt, aber irgendwie war das wohl nicht so ganz das Richtige für ihn. Er hatte offenbar anderes oder vielleicht auch besseres vor, denn seine Schlagfertigkeit und seine Trinkfestigkeit mussten ja zu irgendetwas gut sein.

Als der Kurfürst ihn kennenlernte fand er offenbar sofort Gefallen an dem jungen Herrn, der viel trank, lustig war und auf Fragen immer gerne mit einem „perché no?“ (Warum nicht?) antwortete. Er nahm ihn also mit und Perkeo, wie er nun hieß, lernte die Welt und vor allem Heidelberg und die guten Weine des deutschen Südens kennen.

Allzu gesund war die Lebensweise unseres trinkfesten Freundes aber wohl nicht, denn er starb bereits im Alter von 33 Jahren im Jahr 1735.

 

Victor Hugo schrieb 1840 nach einem Besuch des Heidelberger Schlosses:

 „Wenn man in dem Schatten des großen Fasses dahingeht, bemerkt man plötzlich hinter den stützenden Bohlen eine eigenartige Gestalt aus Holz, auf die eine Öffnung in der Mauer einen fahlen Lichtschimmer fallen läßt. Man könnte sagen, es ist ein kleiner, lustiger Alter, grotesk aufgeputzt. […] Der kleine Alte ist ein Hofnarr […] Er war der Hofnarr des Pfalzgrafen Karl Philipp; Perkeo war sein Name. Er maß drei Fuß sechs Zoll, wie sein Standbild, unter dem sein Name steht. Täglich trank er fünfzehn doppelte Flaschen Rheinwein. Darin lag seine Stärke. Er brachte um 1710 etwa den Kurfürsten von Bayern und den Kaiser von Deutschland, diese Schatten, die damals hier vorüberzogen, viel zum Lachen. Eines Tages, als mehrere fremde Fürsten beim Pfalzgrafen waren, maß man Perkeo an einem jener „langen Kerls“ Friedrich Wilhelms I., Königs von Preußen, die in ihren Stiefeln mit hohen Absätzen und den hohen Helmen die Stufen der Paläste rückwärts hinuntergehen mußten. Der Narr reichte kaum über den Stiefel der Grenadiere. Das rief ein großes Gelächter hervor, berichtet ein zeitgenössischer Erzähler. Arme Fürsten einer altersschwachen Zeit, die sich mit Zwergen und Riesen befaßten und die Menschen darüber vergaßen! Wenn Perkeo seine fünfzehn Flaschen nicht getrunken hatte, peitschte man ihn aus.“

Und sogar ein Trinklied wurde dem Perkeo gewidmet, das sich in der Sammlung Heidelberger Lieder „Gaudeamus“ von Viktor von Scheffel findet:

Perkeo
Historische Postkarte mit Darstellung des Perkeo – 1904

Perkeo – Trinklied

Das war der Zwerg Perkeo
Im Heidelberger Schloß,
An Wuchse klein und winzig,
An Durste riesengroß.
Man schalt ihn einen Narren,
Er dachte: »Liebe Leut,
Wärt ihr wie ich doch alle
Feuchtfröhlich und gescheut!«
Und als das Faß, das große,
Mit Wein bestellet war,
Da ward sein künftger Standpunkt
Dem Zwergen völlig klar.
»Fahr’ wohl«, sprach er, »o Welt,
Du Katzenjammertal,
Was sie auf dir hantieren,
Ist Wurst mir und egal!
Um lederne Ideen
Rauft man manch heißen Kampf,
Es ist im Grund doch alles
Nur Nebel, Rauch und Dampf!
Die Wahrheit liegt im Weine.
Beim Weinschlurf sonder End’
Erklär’ ich alter Narre
Fortan mich permanent.«
Perkeo stieg zum Keller;
Er kam nicht mehr herfür
Und sog bei fünfzehn Jahre
Am rhein’schen Malvasier.
War’s drunten auch stichdunkel,
Ihm strahlte innres Licht,
Und wankten auch die Beine,
Er trank und murrte nicht.

Als er zum Faß gestiegen,
Stand’s wohlgefüllt und schwer,
Doch als er kam zu sterben,
Klang’s ausgesaugt und leer.
Da sprach er fromm: »Nun preiset,
Ihr Leut’ des Herren Macht,
Die in mir schwachem Knirpse
So starkes hat vollbracht:
Wie es dem kleinen David
Gegen Goliath einst gelang,
Also ich arm’ Gezwerge
Den Riesen Durst bezwang.
Nun singt ein de profundis,
Daß das Gewölb erdröhnt,
Das Faß steht auf der Neige,
Ich falle sieggekrönt.«

Perkeo ward begraben –
Um seine Kellergruft
Beim leeren Riesenfasse
Weht heut noch feuchte Luft.
Und wer als frommer Pilger
Frühmorgens ihr genaht:
Weh’ ihm! Als Weinvertilger
Durchtobt er nachts die Stadt.

 

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