Dass Persien, sprich der heutige Iran, einstmals ein Weinland war und bei manchen sogar als Wiege des Weinbaus galt, kann man sich heute beinahe nicht mehr vorstellen. Aber Persien war eben nicht immer ein muslimisches Land in dem religiöse Gebote (bzw. Verbote) den Genuss alkoholischer Getränke verboten.
Ursprünglich war Persien von einer anderen Religion geprägt, dem Zarathustrismus oder auch Zoroastrismus oder Mazdaismus genannt. Jene Religion entstand um 1800 v. Chr. im heutigen Iran und in Afghanistan. Ab dem 7. vorchristlichen Jahrhundert begann sich diese Religion weiter auszubreiten und noch heute gibt es sie, diese alte Religion, vor allem in Indien und Pakistan. Diejenigen, die ihr noch heute anhängen bezeichnet man zumeist als Parsen.
Ihren Namen verdankt diese Religion ihrem Stifter: Zarathustra, der es auch in der abendländischen Kultur, spätestens seit dem berühmten Werk Nietzsches und dem Musikstück von Richard Strauss: „Also sprach Zarathustra“ zu einiger Berühmtheit gebracht hat, wenn auch die wenigsten Menschen tatsächlich etwas mit diesem „Zarathustra“ anfangen können. (Insbesondere Elvis-Fans kennen dieses Stück wohl sehr gut, denn in den Elvis-Konzerten der 1970er Jahre wurde es regelmäßig gespielt.)
In verschiedenen zoroastrischen Schriften und iranischen Mythen findet sich der berühmte König Dschamschid, der etwa um das Jahr 2500 v. Chr. gelebt haben soll und eben diesem König habe man die „Erfindung“ des Weins zu verdanken, denn, so der Mythos:
„Es steht geschrieben, dass ein König seine Trauben im Keller lagerte. Diese Gärten nach einiger Zeit und somit begann die Weinkultur. Man dachte zuerst, die Trauben seien von bösen Geistern besessen und vergiftet. Als die Königin von diesem wohlschmeckenden Getränk nahm, um vor ihrer Migräne in den Selbstmord zu fliehen, wurde sie nicht nur von ihren Kopfschmerzen befreit, sondern sie wurde in fröhliche Stimmung versetzt. Aus diesem Grund wurde der Wein zum offiziellen Getränk.“
Aber auch nachdem der Islam in Persien zur Hauptreligion geworden war, also ab etwa 640, und Wein offiziell als Getränk verboten war, wurde dennoch in Persien weiterhin Wein produziert, so finden sich noch in den Werken des Mathematikers, Astronomen, Philosophen und Dichters Omar Chayyam (1048-1131) und auch des berühmten persischen Dichters und Mystikers Hafis (um 1315-um 1390) Passagen, die den Wein zum Thema haben.
So übersetzte etwa Johann Wolfgang von Goethe, bekanntlich selbst ein großer Weinliebhaber, ein Gedicht mit dem Titel „Klage“ von Hafis in dem es heißt:
„Spülte nicht der Wein den Kummer aus der Seele uns heraus,
machte bald der Zorn des Schicksals unserm Leibe den Garaus.
Könnte nicht im Rausch mitunter unser Geist vor Anker gehn,
würde all die Leidensstürme unser Schifflein nicht bestehn.
Ach, noch jeden nahm der Himmel unbedenklich sich zum Ziel.
Keiner war, der je gewinnen konnte dieses arge Spiel.
Finster ist’s, wo bleibt der Chisr, der den rechten Weg uns lehrt,
eh das Feuer der Entbehrung gar den ganzen Leib verzehrt?
Meine schwache Seele zog es sehnsuchtsvoll zur Wiese hin,
wo, vom flauen Wind umfächelt, ich dem Tode wollt entfliehn.
‚Schenke‘, rief ich, ‚Arzt der Liebe, gib mir Wein!‘
Nur Wein allein kann mich retten, kann vertreiben alle Angst und Herzenspein!
Doch, was half’s? Hafis verbrannte! Und der Freundin blieb’s verhehlt.
Gebe Gott, daß es mit sanftem Flüstern ihr der Wind erzählt!“
Übrigens war der persische Wein, insbesondere jener aus dem Gebiet von Schiras (auch Schiraz) bis ins 19. Jahrhundert hinein vor allem in England und Frankreich legendär. Aufgegeben wurde der Weinbau im Iran erst im Jahr 1979. Zwar gibt es noch immer über 200.000 Hektar Rebfläche im Land, aber auf diesen wachsen nurmehr Trauben, die als Tafeltrauben oder zur Produktion von Rosinen Verwendung finden.
TITEBILD:
Hafis vor der Schenke, Anselm Feuerbach, 1852
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Original: Kunsthalle Mannheim