Wein und Menschen: Johann Wolfgang von Goethe

Der Mensch, der hier im Mittelpunkt stehen soll, ist einer der wohl bekanntesten Weintrinker der Geschichte und darüber hinaus auch noch der wohl bedeutendste deutsche Dichter, wenn man denn diversen Lexika trauen darf: Johann Wolfgang von Goethe.

Unzählige Zitate gibt es vom Herrn Goethe, in denen der Wein zum Thema erklärt wird. Das erste stammt offenbar aus dem Jahr 1757 und da war er gerade einmal zarte 7 Jahre alt. Bereits zu diesem Zeitpunkt dichtete das „Wunderkind“ Goethe, allerdings noch auf Latein und so beginnt der Dialog zwischen Vater und Sohn mit der Frage des Jungen: „Licetne tecum ire in cellam vinariam?“, was zu Deutsch schlichtweg heißt: „Darf ich mit dir in den Weinkeller gehen?“

Wein kann Leben retten

Diese frühe Affinität zu vergorenem Traubensaft verwundert kaum, wenn man bedenkt, dass Goethe diesem edlen Getränk sein Leben verdankte, wie er meinte. Dass dem so war können wir einem Brief entnehmen, den Bettina von Brentano am 4. November des Jahres 1810 an Goethe schrieb. Von seiner Mutter hatte sie erfahren, dass er „schwarz und ohne Lebenszeigen“ geboren worden war und man ihn daraufhin „in einen sogenannten Fleischarden“ legte, der „mit Wein“ gefüllt war „und wenig später erscholl der Ruf der Großmutter Textor: Räthin! Er lebt!“

Wein kann also Leben retten, so zumindest das von zukünftig großen Dichtern und Denkern. (Vielleicht sollte man heute wieder einmal häufiger Kinder in Wein baden.)

Goethe war im Übrigen stets der Meinung, dass Wein eine belebende und wohltuende Wirkung habe und im Allgemeinen der Gesundheit zuträglich sei, was man auch in einem Brief an Schiller sieht, den er am 5. Juli des Jahres 1802 schrieb; hier heißt es: „Hätte er [Nikolaus Meyer] sich, statt Pyrmonter Wasser hier teuer in der Apotheke zu bezahlen, ein Kistchen Portwein, zur rechten Zeit, von Bremen verschrieben, so sollte es wohl anders mit ihm aussehen.“ Will heißen: er wäre wohl wieder gesund.

So abstrus uns diese Ansichten heute erscheinen mögen (auch wenn ja in den letzten Jahren wieder vermehrt auf die gesundheitlich positive Wirkung von Wein verwiesen wird), so stand Johann Wolfgang von Goethe doch mit der Ansicht, dass Wein eine Arznei sei, nicht allein in seiner Zeit. So heißt es etwa in den „Medizinischen Neuigkeiten für praktische Ärzte“ aus dem Jahre 1875: „Es erklärt sich daraus die erfahrungsgemäss erkannte Thatsache, dass in Krankheiten mit Kräfteverfall durch die fortdauernde Darreichung von Wein, wenn sonst alles Andere zurückgewiesen wird, dem Organismus eine gewisse Widerstandsfähigkeit erhalten bleibt.“

Bedenkt man die Risiken und Nebenwirkungen heutiger Arzneimittel, so wäre Wein vielleicht wirklich gar keine so schlechte Alternative.

Der Lieblingsausblick von Johann Wolfgang von Goethe - der berühmte "Goetheblick" am Schloss Johannisberg im Rheingau
Der Lieblingsausblick von Johann Wolfgang von Goethe – der berühmte „Goetheblick“ am Schloss Johannisberg im Rheingau
Foto: A. Kircher-Kannemann

Familie Goethe und Wein

Wein war überhaupt in der Familie der Goethes ein stets präsenter Gast, denn der Großvater unseres Johann Wolfgang betrieb ein Gasthaus, den „Weidenhof“ in Frankfurt am Main und ebenso eine Weinhandlung. Beides letztlich der Grundstein für den Wohlstand der Familie. Außerdem besaß die Familie wohl einen kleinen Weingarten vor den Toren der Stadt und schon als Kind war der junge Goethe hier mit den Arbeiten an den Weinstöcken bekannt geworden.

Zwei Liter Wein und teilweise noch mehr soll Johann Wolfgang von Goethe als Erwachsener pro Tag konsumiert haben. Eine Menge, die kaum vorstellbar ist und bei der heute jeder schlichtweg von Alkoholismus sprechen würde, selbst, wenn man bedenkt, dass die Weine zu jener Zeit meist niedriger im Alkoholgehalt lagen als heute. Dass der Herr tatsächlich gerne und oftmals zu viel alkoholische Getränke kostete beweist ein Zitat Adeles von Schopenhauer, die am 2. April 1819 in ihrem Tagebuch schrieb: „Neulich habe ich einen Schmerz gehabt. Goethe kam von Berka, einige Gläser Punsch und die Frühlingsluft nahmen ihm alle Besinnung. Ich sah ihn in einem furchtbaren Zustande. Nie werde ich es vergessen.“

In diesem Fall war es offenbar also der Punsch, der ihm die Besinnung raubte, nicht der Wein. (Ein Glück, da haben wir die Ehre des Weins also doch noch einmal gerettet.)

Aber Goethe wusste auch, wann er mal mit dem Trinken aufhören musste, so schrieb er am 7. März 1795: „Ich habe bisher wegen des Katarrhs keinen Wein getrunken, du brauchst mir also nichts zu schicken.“

Johannisberg
Schloss Johannisberg – Foto: A. Kircher-Kannemann

Goethes Lieblingsweine

Unter den unendlich vielen Weinen, die es schon zu Lebzeiten Goethes gab, waren einige wenige seine erklärten Lieblingsweine, wie zum Beispiel der „Würzburger Stein“. Über diesen Wein schrieb er am 17. Juni 1806: „sende mir noch einige Würzburger, denn kein anderer Wein will mir schmecken, und ich bin verdrüßlich, wenn mir mein gewohnter Lieblingstrank abgeht.“

Auch Weine aus dem Rheingau, wo er häufiger verweilte liebte Goethe sehr, so vor allem den Johannisberger und auch den Rüdesheimer Wein. Ganz anders hingegen sah es mit Nahewein aus, über den er schrieb: „Nun rühmte dagegen die Gesellschaft von der Nahe einen in ihrer Gegend wachsenden Wein, der Monzinger genannt. Er soll sich leicht und angenehm wegtrinken, aber doch, ehe man sichs versieht, zu Kopfe steigen. Man lud uns darauf ein. Er war zu schön empfohlen, als dass wir nicht gewünscht hätten, in so guter Gesellschaft, und wäre es mit einiger Gefahr, ihn zu kosten und uns an ihm zu prüfen.“

Ganz ähnlich sah es mit den Tiroler Weinen aus, über die wir aus einem Brief vom 21. September 1786 erfahren können, dass sie Johann Wolfgang gar nicht gefielen und er deswegen schrieb: „Ich lebe hier sehr mäßig, den roten Wein der Gegend, schon von Tirol her, kann ich nicht vertragen; ich trinke ihn mit viel Wasser, wie der heilige Ludwig, nur schade, dass ich zum Heiligen zu alt bin.“

 

Johann Wolfgang von Goethe und der Weinbau

Beim reinen Trinken des fertigen Produkts beließ es Goethe übrigens nicht. Das Thema Wein war für ihn quasi allumfassend interessant und so widmete er sich auch dem Weinbau. Wir hatten ja schon gehört, dass er bereits als Kind mit im Weingarten der Familie war und in späteren Jahren widmete er sich im Zuge seiner naturwissenschaftlichen Studien auch den Rebstöcken.

Im August des Jahres 1828 zog er sich nach dem Tode Großherzog Karl Augusts nach Donrburg zurück. Hier gab es üppige Weinterrassen von denen heute nicht mehr allzu viel zu sehen ist.

Vor allem die Themen Rebschnitt und Ertragsvermehrung waren es, die Johann Wolfgang von Goethe umtrieben und er schrieb am 4. August 1828 in sein Tagebuch: „Bei trockenem Morgen und leidlichem Südwest einige Stunden im Garten. […] Vorzüglich mit näherer Betrachtung des Weinstocks beschäftigt. Mehrere Knoten gezeichnet, um sich von der eigentlichen Beschaffenheit des Wachstums zu unterrichten.“

So etwa könnte die Zeichnung Goethes vielleicht ausgesehen haben. (Diese hier stammt übrigens von Hermann Goethe, einem Oenologen aus Naumburg an der Saale. Ob er mit Johann Wolfgang verwandt war entzieht sich leider meiner Kenntnis.)

Die Erkenntnisse, die Goethe hier sammelte finden sich übrigens im 2. Teil der Schriften zu Morphologie wieder und zeigen eine sehr ausführliche und eingehende Beschäftigung mit dem Thema.

Würzburger Stein
historische Postkarte – Bocksbeutel Würzburger Stein

Johann Wolfgang von Goethe und der Wein: Prolog

Es ist ein langer Artikel geworden und eigentlich bin ich noch lange nicht am Ende, denn es gäbe noch unendlich viel mehr zu sagen über Johann Wolfgang von Goethe und seine Beziehung zum Wein. Ich werde mich diesem üppigen Thema also demnächst sicherlich noch einmal widmen und auch ganz gewiss in einem gesonderten Beitrag die schönsten Zitate Goethes zum Thema Wein zusammentragen.

Bis dahin wünsche ich Ihnen und mir viel Spaß bei einem Gläschen „Würzburger“.

 

 

Titelbild: Johann Wolfgang von Goethe – Titelbild aus: „Reise nach Mainz“

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