Dieser Beitrag wurde ursprünglich zur Weinrallye #98 „Wein küsst Kulturerbe“ auf einem anderen Blog veröffentlicht; nach dessen Schließung habe ich den Artikel nun hierher umgezogen.
Als ich das Thema der Weinrallye für Mai „Wein küsst Kulturerbe“ las, das Jasmin Koch vom WeinReich-Blog ausgedacht hat, da war mir schnell klar, dass ich mich wohl auf der einen Seite genau in meiner Komfortzone befinden würde – denn ich bin ja eigentlich Historikerin und von daher schon beruflich der Kultur eng verbunden – und zum anderen war mir aber auch klar, dass ich meine Komfortzone verlassen würde – denn ich schreibe fast nur über deutsche Weine und beschäftige mich auch fast nur mit deutschem Wein.
Aber dieses Weinrallye-Thema lockt mich doch nun in eine andere Ecke, auch wenn ich mich nicht weit von der deutschen Grenze entferne und wenn wir uns das historische Deutschland zwischen 1871 und 1918 vergegenwärtigen oder auch das des Mittelalters, dann bleibe ich sogar im „Heiligen Römischen Reich“ bzw. im „Deutschen Kaiserreich“ …
Wahrscheinlich hab ich jetzt ein bisschen Verwirrung gestiftet mit diesen Andeutungen: ich reise in die alte Heimat eines Teils meiner Familie, eine alte Heimat, die ich persönlich in den letzten Jahren sehr schätzen und lieben gelernt habe und in der es nun auch wieder Wein gibt (sehr guten sogar, so viel sei vorab schon verraten).
Ich reise in die „läutende Stadt“, zur „Laterne Gottes“, in eine Region, die fast vergessen schien (nicht nur in Sachen Weinbau) und die erst seit recht kurzer Zeit langsam wieder entdeckt wird …
Hat jetzt schon jemand erraten wo es hingeht?
Dann kläre ich erst einmal auf: es geht nach Lothringen, genau genommen geht es in die Gegend rund um Metz, die Stadt eben, die auch als „die läutende Stadt“ bezeichnet wird wegen der vielen Kirchen, die es hier gibt und deren gotische Kathedrale Saint Etienne gemeinhin auch „Laterne Gottes“ heißt, weil ihre vielen bunten Fenster eben einen solchen Eindruck vermitteln.
Kulturerbe – Französische Küche
Auch Essen ist Kultur und die französische Küche wurde bekanntlich im Jahr 2010 als immaterielles Kulturerbe von der UNESCO anerkannt und in die Welterbe-Liste aufgenommen.
Wer die urtümliche und traditionelle französische Küche mag, der wird in Lothringen sicher aus dem Schwelgen nicht mehr herauskommen (so ergeht es zumindest mir, aber vielleicht bin ich da auch ein wenig voreingenommen, weil es mich an Omis Küche erinnert).
Zu den lothringischen Spezialitäten zählt natürlich vor allem die Quiche Lorraine, wer kennt sie nicht und hat sie nicht schon einmal in irgendeiner Form gegessen. Aber eigentlich noch viel wichtiger sind die Mirabellen: Lothringen ist der größte Hersteller von Mirabellen, etwa 90 Prozent aller weltweit verzehrten Mirabellen stammen aus diesem kleinen französischen Landstrich und hier macht man wirklich annähernd alles aus dieser Frucht, angefangen bei Kuchen und Marmelade über Bonbons bis hin zu Likören und Schnäpsen. Und da kommt auch schon wieder der Wein ins Spiel, denn eine echte Köstlichkeit ist ein „Kir Lorraine“: man nehme ein kleines Tröpfchen (darf auch schon mal größer ausfallen) eines Mirabellenlikörs und verfeinere damit den hiesigen Schaumwein.
Liebhabern französischer Lebensmittel aller Art von Fleisch und Wurstwaren, über Fisch bis hin zu Süßspeisen, Weinen und vielem mehr, sei in diesem Zusammenhang Mangeons mosellan empfohlen und wer lieber selber probieren möchte und das in der historischen Kulisse eines kleinen alten lothringischen Städtchens, der sollte nach Marange-Silvange fahren, denn hier findet Ende April die Fête des Vins de Moselle statt auf der es nicht nur Wein gibt, sondern auch zahlreiche andere Spezialitäten.
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Lothringens Winzer
Die wenigsten nur wissen, dass es hier, rund um Metz, auch (wieder) Weinbau gibt, dabei liegt es nahe, denn wir sind an der Mosel, nur wenige Kilometer entfernt von den luxemburgischen und deutschen Weinbergen. Weinbau gab es in Lothringen über Jahrhunderte hinweg bis die Reblaus kam, die Hänge verwilderten und die alte und berühmte Weinbautradition wurde vergessen – Lothringen wurde Bierland (was ja eher untypisch für Frankreich ist). Vor einigen Jahren jedoch begannen einige junge und ambitionierte (man könnte schon fast sagen: visionäre Winzer) wieder Wein an den alten Moselhängen in Lothringen anzubauen. Inzwischen werden es immer mehr und die Weine immer spannender, besser und facettenreicher. Wein küsst Kulturerbe gibt es nun also auch wieder in Lothringen zu erleben.
Entlang der Autobahn 31, die direkt an der luxemburgischen Grenze beginnt und Richtung Nancy führt, findet man 17 der inzwischen 18 Weingüter, die unter dem Label „AOC Moselle“ Wein produzieren. Etwas abseits bei Château-Salins liegt die Domaine Dietrich-Girardot.
Auch die Freunde von Bioweinen finden eine reiche Auswahl, denn sowohl die Domaine la Joyeuse, als auch die Domaine Oury-Schreiber und die Domaine Legrandjaques produzieren nach Biorichtlinien; das Château de Vaux Bio sogar nach den strengen Demeter-Richtlinien.
Die häufigste Rebsorte, die man hier antrifft ist wohl der Auxerrois, aber auch Pinot Gris, Pinot Noir und Gamay fassen immer mehr Fuß im Weinbauland Lothringen. Sogar der ein oder andere „Gewurztraminer“ wurde bereits gesichtet.
Und dann gibt es da natürlich Richtung Toul noch ein zweites lothringisches AOC – Côtes de Toul und hier empfehle ganz klar nach Lucey zu fahren zum Hasen, sprich zum Weingut Lelièvre, die einen ganz besonderen Wein mit Namen „Pique Nique“ produzieren und der einfach mein liebster Sommerwein ist.
Wein küsst Kulturerbe in Lothringen
Ich weiß, ich höre mich wahrscheinlich an wie ein verkappter Reiseführer oder ein Werbevideo … aber ich habe Lothringen wirklich lieben gelernt und bin dem Werbeslogan: la Moselle enflammez-vous pour elle! schon erlegen. Die Landschaft – die Kultur – die Menschen – das Essen und nicht zuletzt die Weine Lothringens lassen mich nicht mehr los.
Und hier küsst Wein dann wirklich Kulturerbe, wenn man mit einem Gläschen Auxerrois oder Gewurztraminer in der „Bar a la Lune“ sitzt und diesen Blick genießt: