Weinrallye #102: September – Regent im September

“Regent im September” entstand als Beitrag zur Weinrallye #102: September, wurde auf einem inzwischen erstmals veröffentlicht und nun hierher umgezogen.

 

Manchmal, so muss ich gestehen, macht mich das Thema einer Weinrallye geradezu ratlos. Dann sitze ich da, wie in einem riesigen Nirwana und frage mich, was ich schreiben soll. So auch jetzt. Eigentlich ist das Thema „September“ ja ein tolles Thema, es ist weit, es ist offen, es lässt eine Menge Spielraum und bietet viele Möglichkeiten. Vielleicht zu viele. Also, was tun, sprach Zeus?

Ich brainstorme mal: Als erstes kommt mir ein Lied in den Sinn: „September morn“ – Neil Diamond


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irgendwie melancholisch und traurig, das passt nicht zu dem diesjährigen September, der nun eigentlich vorbei ist und eigentlich eher ein verlängerter August war und mir Sonnenstrahlen auf die Tastatur schickt, während ich diese Zeilen schreibe.

Das gleiche gilt für Frank Sinatra, der offenbar einen Hang zum September hatte und gleich zwei Lieder aufgenommen hat, in denen der September eine wichtige Rolle spielt:


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Ok, das ist es also nicht – Lieder scheiden aus, weil sie einfach nicht zur Stimmung des diesjährigen Septembers passen. [Ich blende bewusst die traurigen Momente aus, die dieser September zur Genüge hatte, vor allem auch in Bezug auf die Weinrallye, denn ich brauche gerade jetzt positive Gedanken]

 

Ein Gedicht vielleicht? Ein Gedicht, ein Gedicht … auf der Suche wird mir klar: Dichter fanden den September offenbar nichtssagend und der Rede nicht wert: Oktobergedichte gibt es, Herbstgedichte gibt es, aber September? – Fehlanzeige!

 

Also, das geht auch nicht. Vielleicht ein typisches Septembergericht mit passendem Wein dazu? Aber was ist ein typisches Septembergericht? Mir fällt nichts ein, alle Gerichte, die mir so in den Sinn kommen sind zwar „typisch Herbst“ aber eben nicht September und schon gar nicht passend zu einem September, der mit Temperaturrekorden glänzt.

 

Ich grüble also weiter …

Regent
Regent
Foto: A. Kircher-Kannemann

Der Regent im September

…. und da ist sie: Die zündende Idee, ausgelöst von einem lieben Menschen, der einfach Lust hatte mir ein Bild zu schicken: Weinlese! Da hätte ich jetzt auch wirklich eher draufkommen können, zumal bei einer Weinrallye. Manchmal sind Dinge einfach zu offensichtlich, als dass man sie sieht, oder wie war das doch gleich mit dem Wald und den Bäumen?

Aber Weinlese allgemein – das ist mir ein zu breites Thema und da kommt mir das Bild wieder in den Sinn, das Bild von der Regenttraube. Ich mag ihn sehr, diesen Wein – den Regent, nicht zuletzt weil er auch in meinem Garten steht und als PIWI eher pflegeleicht ist.

Ich habe ihn gerade gelesen, meinen Regent: Zugegeben – ein paar Tage zu früh, aber ich stand in Konkurrenz zu den Vögeln, vor allem zu den Drosseln, da blieb mir wenig übrig.

Zuvor hatte ich ihn durchs Jahr begleitet den Regent, seine Entwicklung mit dem Fotoapparat virtuell gebannt von der Blüte bis zur reifen Traube und wenn ich diese Bilder nun so anschaue, dann fallen mir die Geschichten eines Jahres ein, viele traurige Geschichten, Verluste, Schmerzen, Leid und Zorn, aber auch schöne Momente, grandiose Erlebnisse, viel Gelächter und viel Freude. Das alles ist enthalten in diesen roten Beeren, in den Bildern der Blüten und der ersten grünen Fruchtknötchen …

Und mir fällt noch mehr ein, ein Besuch bei einem sehr netten Menschen, der den Regent ähnlich gerne mag wie ich und der mir einen ganz besonderen Regent geschenkt hat, einen aus seiner Schatzkammer, den ich wohl zu Weihnachten öffnen werde (ein bisschen Vorfreude muss sein!)

Aber da ist noch ein anderer Regent in meinem Keller, weich, voller Früchte, tiefrote Kirschen und Johannisbeeren springen in die Nase und er wirkt herrlich warm. Das passt gerade zu meiner Stimmung, während sich der Himmel zuzieht als ich diese letzten Worte tippe und ich das Jahr nochmal revuepassieren lasse, auch wenn das letzte Quartal noch aussteht. Ich glaube, ich werde diesen Regent heute Abend öffnen und wieder einmal einen Blick in den Gedichtband von Rilke werfen:

 

Herbsttag

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.
Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und
jage die letzte Süße in den schweren Wein.
Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

Rainer Maria Rilke

Regent, Rotwein, rote Rebsorte
Regent im Sonnenlicht
Foto: A. Kircher-Kannemann

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