Weinrallye #106 – Perlen – Royaler Sekt (Judith Dorst)

Dieses Interview mit Judith Dorst erschien ursprünglich als Beitrag zur Weinrallye #106: „Perlen“.

 

Wein und auch seine prickelnden Ausgaben in Form von Sekt, Champagner, Secco oder wie immer sie auch genannt werden mögen, haben immer auch mit Menschen zu tun, von Menschen werden sie gemacht, von Menschen getrunken, von ihnen geliebt oder manchmal auch verabscheut. Da ist es fast naheliegend, dass mir beim aktuellen Thema der Weinrallye für Januar „Perlen. Prickelnd nur nicht Champagner“, das uns Juliane Gassert als Aufgabe gestellt hat, sofort Menschen einfallen. Menschen, die perlende Getränke trinken und vor allem auch Menschen, die diese prickelnden Getränke herstellen.

Genauer gesagt ist es vor allem ein Mensch, der mir bei diesem Thema einfällt: Eine Frau, genauer gesagt, eine, die ich schon seit vielen Jahren kenne; sie war damals noch sehr jung, ich nicht mehr so sehr, aber darüber schweigt des Sängers Höflichkeit.

Als ich sie kennenlernte war sie die Tochter eines Winzers, dessen Weine und auch Sekte ich sehr mochte, der auf vielen Veranstaltungen zu finden war, auf denen auch ich zugegen war und seine Tochter war fast immer mit dabei. Sie liebte Wein und sie liebte Sekt, schon damals und wenn ich ehrlich bin, hat es mich in keiner Weise überrascht, dass sie in die Fußstapfen ihrer Familie trat, ein Studium in Geisenheim begann.

Schon eher überrascht und auch ein wenig begeistert hat mich die Tatsache, dass sie dann eines Tages Rheinhessische Weinkönigin wurde, denn ich hätte nicht gedacht, dass sie sich zur Wahl stellen würde (man kann sich eben auch mal irren). Noch mehr begeistert hat mich dann der Umstand, dass sie zur Deutschen Weinprinzessin gewählt wurde, das war im Jahr 2014/15.  Die Kenner der Weinköniginnenszene werden jetzt wissen über wen ich rede: Judith Dorst.

Deshalb kam es mir bei diesem prickelnden Thema von Juliane Gassert sofort in den Sinn mich mit Judith Dorst über ihr Sektprojekt zu unterhalten, ihr ein paar Fragen zu prickelnden Köstlichkeiten und ihrer ganz besonderen Leidenschaft dafür zu stellen:

Royaler Sekt Judith Dorst Weingut Dorst
Royaler Sekt von Judith Dorst
Foto: Weingut Dorst
  • Wie kamst Du auf die Idee Dich speziell dem Sekt zu widmen?

Ich liebe Sekt. Die Sektherstellung ist für mich die absolute Kür meines Winzerinnentuns. Wenn ich guten Sekt trinke und über Sekt spreche, bekomme ich leuchtende Augen.
Sekt hat etwas mystisches, geheimnisvolles- aber auch gleichzeitig etwas edles und vor allem animierendes.
Zum Ende meines Weinbaustudiums war ich so richtig heiß darauf endlich meinen ersten Jahrgang in die Flasche zu füllen. Ein langes Hefelager sollte der Sekt haben. 18 Monate. Eine echt lange Zeit für mich, als einer der ungeduldigsten Menschen der Welt.
Equipment war da- die einfachste Ausstattung, die auch schon vor 100 Jahren genau so funktioniert hätte. Aber genau so lernt man das Handwerk noch besser kennen.

 

  • Welche Sekte gibt es aktuell von Dir?

Es gibt den Riesling Royal, das war mein erster Sekt vom 13er Jahrgang- und es gibt ihn jedes Jahr wieder. Derzeit verkaufe ich Jahrgang 2014 – immer mit einem Hefelager von mindestens 18 Monaten. Vom 14er Jahrgang habe ich außerdem einen Silvaner Sekt in Flaschen gefüllt, der sehr gut angenommen wurde. Ein Jubiläumssekt und gleichzeitig eine Hommage auf Rheinhessen zum 200. Geburtstag, zu dem ich diesen Sekt in den Verkauf brachte.
Aktuell seit 2 Monaten ebenso im Verkauf ist ein Blanc de Blanc Sekt aus 100% Weißburgunder-Trauben. 18 Monate Hefelager hat auch er bekommen.

 

  • Wieso gerade diese Sorten?

Riesling- als Königin unter den weißen Rebsorten- bietet sich vom filigranen, feingliedrigen Geschmack und der prägnanten Säurestruktur ideal als Sektgrundwein an und als Rheinhessische Weinkönigin, die ich zu der Zeit war, war der Name „Riesling Royal“ dann auch irgendwo Programm.

Als richtige Rheinhessin hatte ich schon lange die Idee im Kopf zum 200. Geburtstag Rheinhessens einen Jubiläumssekt zu Ehren dieses Anbaugebietes zu präsentieren. Das musste natürlich die Rebsorte sein, die schon mein Ur-Ur-Opa in den gleichen Weinbergen anpflanzte wie wir heute. Der Silvaner. Gelbfruchtig mit feiner Restsüße und feinperlig zugleich ist er ein richtiger Spaßmacher.

Weißburgunder eignet sich ideal zur Sektherstellung, durch seine filigrane, weibliche Art mit gleichzeitig umwerfender Frucht, Feinheit und milder Säurestruktur. Er rundet das Portfolio momentan ab.

Judith Dorst Royaler Sekt, Weingut Dorst, Rheinhessen
Judith Dorst und ihr Royaler Sekt
Foto: Weingut Dorst
  • Ihr stellt Eure Sekte nach der traditionellen Methode her, wie genau läuft diese ab?

Traditionell findet die 2. Gärung in der Flasche statt. Es muss eine Flasche sein die für diese Drücke, die bei der Gärung entstehen, geeignet ist. Die Tirage, so nennt man das Gemisch aus Zucker und Hefe, wird dem Grundwein, der sogenannten Cuvee zugegeben und mit einem Kronkorken verschlossen. Genau so viel, dass der fertige, durchgegorene Sekt am Ende der Gärung 6 Bar Druck in der Flasche hat. Und genau hier liegen oftmals die Tücken und Risiken dieser Methode. Gärt dieser Sekt nicht oder nur zum Teil, kommt man oftmals nicht um das wieder Öffnen der Flaschen herum.

Weiterer gesetzlicher Bestandteil dieser Methode ist die 9-monatige Lagerung „auf der Hefe“. Das heißt, die Hefe bleibt so lange Minimum in der Flasche.
Wenn die gewünschte Zeit des Hefelagers über die 9 Monate hinaus abgelaufen ist, wird jede einzelne Flasche aufgeschüttelt und auf Rüttelpulte gesteckt und 21 Tage lang, täglich abgerüttelt. Erst wenn der die Hefe komplett am Flaschenkopf angekommen ist, kann entheft werden- das sogenannte Degorgieren. Hier werden die Flaschen kopfüber in ein Kältebad gestellt – der Hefepfropf wird, nachdem er gefroren ist herausgeschossen und mit dem angesetzten Likör (Betriebsgeheimnis) wird dann die Geschmacksrichtung des Sektes eingestellt. Unsere Sekte nach traditioneller Flaschengärung bekommen nur sehr wenig dieses Likörs, sodass der Rohsekt kaum verändert wird und befinden sich daher alle im „brut“-Bereich.

 

  • Welche Projekte – falls das kein Geheimnis ist – hast Du für die nächste Zeit geplant?

Seit Mai 2016 haben mein Mann und ich eine gemeinsame Tochter – Emily. Nach ihr wird unser kommendes Sektcuvee benannt.

Er reift derzeit noch auf der Hefe. Das wird ein richtig feines Tröpfchen.

 

  • Das klingt sehr spannend und danach, dass Euch die Ideen auch zukünftig nicht ausgehen werden. Inwieweit hat Dich eigentlich Deine Amtszeit als Rheinhessische Weinkönigin und Deutsche Weinprinzessin geprägt?

Die Amtszeit hat mich sehr geprägt. Von dem was den Weitblick in der Weinwelt angeht und auch vom persönlichen. Probleme vor einem großen Publikum zu sprechen oder Moderationen durchzuführen habe ich nicht mehr, das fällt mir mittlerweile nicht mehr schwer. Ich mache das auch jetzt nach der Amtszeit noch häufig auf Anfrage. Trotzdem genieße ich jetzt wieder das Leben als ganz „normale“ rheinhessische Winzerin – die in dem Beruf ihren Traumjob gefunden hat.

 

  • Hat Deine Tätigkeit als Deutsche Weinprinzessin auch Deinen Blick auf den deutschen Sekt verändert?

Mir ist klar geworden, dass deutscher Sekt einen ziemlich hohen Stellenwert (vor allem im Inland) hat. Nicht umsonst sind wir Deutschen ganz weit vorne, was den Pro-Kopf-Verbrauch von Sekt betrifft. Mit Sicherheit trage ich aber auch meinen Teil dazu bei, um ihn nach oben zu treiben J. Leider wird sehr, sehr viel Sekt konsumiert, der im Grundweinbereich für wenige Cent/Liter im internationalen Weinmarkt als Fassware eingekauft wird und dann als „Marke“ im Supermarkt für 2,99€ verhökert wird. Mehr ist er auch leider nicht wert. Weinfehler werden mit Schönungsmitteln glatt gebügelt und am Ende schmecken wir außer dem Sprudeln auf der Zunge nicht mehr viel. Auch so etwas musste ich als Deutsche Weinprinzessin vertreten – das waren die weniger schönen Momente. So etwas passiert einem mit einem Winzersekt garantiert nicht.

Davon bin ich überzeugt, vor allem nachdem ich seit Jahren Winzersekte und vor allem auch Eure trinken und probieren durfte. Ich danke Dir für Dieses Interview und freue mich auf viele weitere spannende Sektjahrgänge und viele neue Ideen.

Judith Dorst Royaler Sekt, Weingut Dorst, Rheinhessen
Judith Dorst – Royaler Sekt
Foto: Weingut Dorst, Rheinhessen

Inzwischen ist Judith Dorst verheiratet und unlängst Mutter geworden (wie sie im Interview selber erwähnte). Ihre Schwester ebenso und auch die Ehemänner der beiden haben sich dem Wein verschrieben. Eine weinverrückte Familie sind sie, die Dorsts, und das im positiven Sinn des Wortes.

Da werden uns wohl in den nächsten Jahren noch viele tolle und beeindruckende Sekt- und auch Weinkreationen erwarten. Ich jedenfalls bin gespannt und freue mich schon auf die nächsten Ideen vom „Sekthandwerk Judith Dorst“ und vielen anderen Projekten, die es inzwischen rund um den deutschen Sekt (wieder) gibt und wer weiß, vielleicht erhält er ja dadurch eines Tages wieder den Stellenwert, den er im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert einst genoss, als er vielfach als wertvoller angesehen wurde als französischer Champagner.

 

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