Weinrallye #110 – Chardonnay

“Mein Chardonnay ABC”: Dieser Beitrag über Chardonnay erschien ursprünglich auf einem anderen Blog im Rahmen der Weinrallye #110 mit dem Thema “Chardonnay”, anlässlich des Chardonnay-Tages. Nach Schliessung des anderen Blogs habe ich diesen Artikel nun heirher umgezogen.

Chardonnay Rebstöcke
Chardonnay – Foto: A. Kircher-Kannemann

Mein Chardonnay ABC und ABC

„ABC“, sprich – „Anything but Chardonnay“, war lange Zeit mein Credo. Das war nicht nur ein Vorurteil (auch wenn man das ja meinen könnte). Es war einfach auch so, dass ich nie einen Chardonnay fand, den ich mochte.

Dann begann ich nach Frankreich zu fahren – das Heimatland des Chardonnays und begann dort ihn Stück für Stücke zu entdecken diesen Verwandten des Burgunders über den man wohl ganze Enzyklopädien schreiben könnte und über den Gérard Basset schrieb er sei wie „ein perfekter Politiker“ und fühle „sich in vielen Verkleidungen wohl“, wechsle „um seiner Wählerschaft willen bereitwillig den Standpunkt“.

Das ist übrigens die schönste Beschreibung des Chardonnay, die ich je gefunden habe und ganz ehrlich: ich finde sie unglaublich treffend, wenn ich auch eher geneigt bin den Chardonnay als Chamäleon zu bezeichnen. Nicht nur, dass er eine unglaubliche Bandbreite an Aromen zu bieten hat, von zitronig über grüne Äpfel bis hin zu schmelziger reifer Ananas, er bringt es auch hin von Schluck zu Schluck und von Glas zu Glas eine neue Facette zu zeigen, sich zu entwickeln.

So manchem Chardonnay merkt man auch sehr deutlich an, dass eines seiner Elternteile ein Pinot ist, denn gelegentlich tritt diese so typische Aromatik des Burgunders deutlich auf, dieser eigentümliche Geruch, den zu beschreiben mir immer ausgesprochen schwer fällt, den man aber nur bei Burgundern riecht und kennt man ihn einmal, dann erkennt man ihn immer wieder.

Aber kehren wir noch einmal zurück und begeben uns in meine Lieblingsbar direkt vor der Kathedrale Saint Etienne: Hier trank ich mich im Laufe der Zeit durch die doch recht umfangreiche Weinkarte – zumindest, wenn man sie mit Weinkarten in deutschen Bars vergleicht – und – man mag es kaum glauben: Ich entdeckte, dass es Chardonnays gibt, die selbst meinem Gaumen munden und die ich wirklich gerne trinke. Inzwischen sitze ich hier fast immer mit einem Gläschen Chardonnay vor mir, genieße das Treiben auf der Straße und den Blick auf die Kathedrale.

Der Bann war also gebrochen! Das hieß für mich aber auch, mich auf die Suche zu begeben. Auf die Suche nach guten Chardonnays in Deutschland.

Es hat eine Weile gebraucht – aber ich habe sie gefunden. Ich konnte sie aber auch nur finden, weil ich inzwischen verstanden hatte, was mich bis dato an den Chardonnays gestört hatte, die ich so zu trinken bekam und warum irgendwann einmal dieses „ABC“ die Runde machte: Mich störte dieser oftmals stark alkoholische Geschmack, dieses breite üppige, dieses zu hölzerne und zu schwere, dass die meisten Chardonnays auszeichnete (oder eben auch nicht) zu jener Zeit als ich begann Wein zu trinken und mich für Wein zu interessieren. Bis heute mag ich diese Volumenbomben mit Holz und abenteuerlichen Alkoholwerten nicht wirklich. Es hat für mich immer die Anmutung als beiße ich in eine Eichenplanke und kippe einen Schnaps hinterher. Ok, das mag übertrieben klingen, macht aber, glaube ich deutlich, was ich meine.

Ich bin nun einmal eher die Frau für die spritzigen, teils etwas giftigen Weißweine, die erst einmal auf die Zunge springen und dort ordentlich für Furore sorgen, die mich mit spannenden Aromen anregen und zum Philosophieren bringen und alles sind – nur nicht langweilig.

 

Chardonnay der Weingüter Kiefer und Dorst
Meine liebsten Chardonnays – Foto: A. Kircher-Kannemann

Das deutsche Chardonnay ABC

Inzwischen also durchaus vom Chardonnay überzeugt war ich nun mit dem festen Willen ausgestattet deutsche Chardonnays zu finden, die nicht nach alter Kalifornischer Methode gemacht waren. Das hat eine Weile gebraucht, muss ich offen gestehen. Anscheinend tun sich immer noch einige Winzer in Deutschland mit dieser Rebsorte schwer, obwohl sie inzwischen längst zu den Top 10 auch bei uns zählt. Oder ich suchte einfach bei den falschen Winzern, auch das wäre natürlich vorstellbar.

Nach langem Suchen auf Weinfesten, Weinmessen, in Weinläden und weiß der Himmel wo sonst noch, war der erste so richtig leckere Chardonnay, den ich in Deutschland fand einer vom Weingut Dorst. Sie erinnern sich? Judith Dorst, ich hatte in einer der letzten Weinrallyes etwas über ihre Sekte geschrieben und sie dazu interviewt. Bis heute mag ich den Chardonnay dieses Weinguts beinahe jedes Jahr. Er gehört zu einer meiner „Banken“, wie ich das nenne. Das sind die Weine bzw. Weingüter, die immer gehen und mich nie im Regen stehen lassen.

Mein aktueller Liebling in Sachen Chardonnay aber stammt vom Weingut Kiefer-Seufert. Entdeckt habe ich ihn auf der Baden-Württemberg Classics Weinmesse im Landschaftspark Nord in Duisburg. Philipp Kiefer ist einer von den jungen Winzern, denen es vor allem um eine eigene Stilistik, eine ganz eigene Handschrift und um ausgereifte ungewöhnlich Weine geht. Als ich an seinen Stand kam und die ersten beiden Weine probierte (übrigens Gutedel, denn wir sind hier im Markgräfler Land), da gab es sofort ein wunderbares Gespräch. Wir fingen an über Wein zu fachsimpeln, er erklärte mir seine Idee von Wein. Seine Mutter Claudia Kiefer, erzählte mir gleich die ein oder andere Anekdote und noch so manches Detail über die Philosophie hinter den Weinen. Mir fiel auch gleich eine Rarität ins Auge: ein Sauvignon Gris (übrigens hervorragend, aber wir schreiben hier ja gerade über Chardonnay).

Der Chardonnay von Philipp Kiefer ist ein wenig frech. Er ist frisch, hat etwas Jugendliches und lädt ohne Umschweife zu einem zweiten, dritten, vierten … Schluck ein. Dabei ist er aber auch mit einer interessanten Exotik versehen und ausgesprochen facettenreich in seinem Aromenspiel.

Für die Fans des wirklich schweren Chardonnays ist übrigens auch gesorgt, denn es gibt auch einen Chardonnay aus dem Barriqueausbau. Den allerdings trinke selbst ich, denn er ist zwar voluminös und auch durchaus breit, aber man wird nicht durch eine überbordende Holzaromatik erschlagen. Sie fügt sich ein, sie unterstreicht und schmeichelt. Das geht selbst bei mir. Auch wenn ich weiterhin die Frau für die leichtere Version bleibe.

Man merkt: Ich bin bekehrt. I

Inzwischen heißt es bei mir immer noch „ABC“, aber nun steht dieses Kürzel für „Aber bitte Chardonnay“.

 

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